Zielsetzung: Vor dem Hintergrund erheblicher Forschungslücken bietet diese Studie die erste Exploration der Perspektiven von Medizinstudierenden auf Rassismus in Medizin und Gesundheitsversorgung in Deutschland. Ziel ist die Identifikation von Problemen und Lernbedarfen für die medizinische Ausbildung. Wir gehen den folgenden Forschungsfragen nach:
- Wie nehmen Medizinstudierende Rassismus in Medizin und Gesundheitsversorgung in Deutschland wahr?
- Wie adressieren, verstehen und diskutieren sie verschiedene Aspekte von Rassismus in diesem Kontext?
- Welche Erwartungen haben sie an die medizinische Ausbildung?
Methoden: Es wurden sechs semi-strukturierte Online-Gruppendiskussionen mit insgesamt 32 Medizinstudierenden von 13 verschiedenen medizinischen Fakultäten in Deutschland durchgeführt. Die Diskussionen wurden aufgezeichnet, transkribiert und mit der Methode der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet.
Ergebnisse: Im Zuge der Analyse der Gruppendiskussionen wurden vier Hypothesen formuliert:
- Rassismus in Medizin und Gesundheitsversorgung wird von den Medizinstudierenden als ubiquitäres Phänomen wahrgenommen.
- Sie haben aufgrund begrifflicher Unklarheiten Probleme, rassistisches Verhalten und rassistische Strukturen zu erkennen.
- Sie zeigen Unsicherheiten im situativen Umgang mit Rassismus.
- Die medizinische Ausbildung trägt für sie Verantwortung zur Bekämpfung von Rassismus auf allen Ebenen von Medizin und Gesundheitsversorgung.
Schlussfolgerung: Unsere Studie zeigt spezifische Probleme und Lernbedarfe hinsichtlich des Umgangs mit Rassismus in Medizin und Gesundheitsversorgung auf. Forschung aus dem US-amerikanischen Kontext kann innovative Ansätze für die medizinische Ausbildung in Deutschland vermitteln, jedoch müssen nationale Besonderheiten berücksichtigt werden. Weitere Forschung sollte die Implementierung von rassismuskritischer Lehre in der deutschen medizinischen Ausbildung begleiten.