Eine Staatsangehörigkeit zu besitzen ist für die meisten Menschen eine Selbstverständlichkeit. Dadurch sind sie mit einem bestimmten Staat über ein Bündel an Rechten und Pflichten verbunden und genießen dessen Schutz. Staatenlose oder Menschen, deren Staatsangehörigkeit ungeklärt ist, haben entsprechend weniger Rechte. Insbesondere im Rahmen der Fluchtzuwanderung seit 2014 hat das Phänomen an Bedeutung gewonnen: 2022 lebten rund 29.500 staatenlose Personen und rund 97.000 Personen mit einer ungeklärten Staatsangehörigkeit in Deutschland – doppelt so viele wie noch 2014. Das Wissen über diese Gruppen ist bislang begrenzt; in der öffentlichen und politischen Debatte spielen sie kaum eine Rolle. Und das, obwohl es sich um eine besonders vulnerable Gruppe handelt und Staatenlosigkeit international als unerwünscht gilt.
Der Policy Brief wirft einen ersten Blick auf diese Gruppen und untersucht die soziodemografische Zusammensetzung sowie ihre rechtliche Situation in Deutschland. Dabei zeigt sich, dass rund ein Drittel derjenigen mit einer ungeklärten Staatsangehörigkeit bereits in Deutschland geboren wurden; bei der Gruppe der Staatenlosen waren es 16 Prozent. Zwei Drittel der Staatenlosen und mehr als die Hälfte derjenigen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit leben bereits seit über sechs Jahren in Deutschland; viele besitzen entweder nur einen befristeten oder gar keinen Aufenthaltstitel. Insgesamt wird deutlich, dass die Hürden zur Anerkennung der Staatenlosigkeit sehr hoch sind, weil es kein transparentes und systematisches Anerkennungsverfahren gibt.