Nadja Kutschke

Familienplanung weiblicher Geflüchteter in Berlin – Ermittlung eines Status quo

Schlagwort(e): Beratung, Familienplanung, Frauen, Geburt, Schwangerschaft, Unterkünfte

Von Dezember 2015 bis Dezember 2017 konnte eine Gruppe engagierter Frauen des Arbeitskreises „Charité für geflüchtete Frauen – Women for Women“ (https://interkulturelle-kompetenz.charite.de/netzwerk/charite_fuer_gefluechtete_frauen_women_for_women/) eine bis dahin noch nie in dieser Form durchgeführte Befragung an weiblichen Geflüchteten in Berliner Not- und Gemeinschaftsunterkünften durchführen. Sie wagten sich an das über Kulturkreise hinweg delikate und in Teilen tabuisierte Thema der Familienplanung samt Kinderwunsch, Schwangerschaft und Verhütung heran. Um diesem sensiblen Thema mit seinen zum Teil intimen Fragen den richtigen Raum für Resonanzen zu geben, wurde die Studie an einen Frauenkreis angeschlossen. So entstand ein intimer vertrauensvoller Kontakt, indem zusätzlich zur Befragung Vorträge zum Thema Frauengesundheit von Gynäkologinnen angeboten werden konnten. Im Anschluss an diese Vorträge wurde im Einzelgespräch ein 41 Punkte umfassender Fragebogen besprochen und beantwortet. Selbstverständlich fand alles in einem geschützten, nur von Frauen besuchten und geleiteten Raum statt. Kleine Kinder und Mädchen aller Altersstufen waren erlaubt, Jungen über acht Jahren wurde der Zutritt versagt. An der anschließenden Befragung durften alle Teilnehmerinnen über 17 Jahre teilnehmen. Im Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse der Studie und damit aus der Dissertation „Frauengesundheitliche Versorgung weiblicher Geflüchteter in Berlin – Ermittlung eines Status quo“ vorgestellt (Kutschke, 2022) (Alle nicht anderweitig gekennzeichneten Daten sind dieser Dissertation entnommen).

Allgemeine Daten zu sozioökonomischem Hintergrund, Flucht und Trauma

Insgesamt konnten 307 Frauen in die Pilotstudie eingeschlossen werden. Die Mehrheit der Befragten kam aus Syrien (29,6 %) und Afghanistan (29,3 %). Die übrigen Frauen flohen aus dem Irak (12,4 %), Iran (11,1 %), Albanien (3,3 %), Ägypten (2 %), Kosovo (1,3 %) und anderen Ländern (5,2 %) wie dem Jemen, Moldawien, Tschetschenien, Serbien, Bosnien, Eritrea, Armenien und dem Sudan. Die übrigen (5,9 %) gaben ihr Herkunftsland nicht an. Im Durchschnitt befanden sich die Frauen zur Zeit der Befragung bereits zwölf Monate in Deutschland. Bei der Studienpopulation handelte es sich überwiegend um gesunde Frauen im reproduktiven Alter. Das Durchschnittsalter betrug 33 Jahre.

Die Teilnehmerinnen berichteten über ein breites Spektrum an Bildungshintergründen, wobei ein Drittel entweder eine Berufsausbildung oder einen Bachelor-Abschluss hatte. Die häufigsten Fluchtgründe waren Krieg (156), Gefahr für das eigene Leben (130) und Terror (71). Weitere Fluchtursachen waren Verfolgung auf Grund der Religion und keine Möglichkeit, den Lebensunterhalt zu sichern (je 24), gesundheitliche Gründe und Foltererfahrungen (je 22), Verfolgung auf Grund geschlechtsspezifischer Gewalt (21) und dass die Familie bereits in Deutschland war (17).

Krieg war als Fluchtgrund v. a. für Frauen aus Syrien (88 % der befragten Syrerinnen) besonders relevant. Auch Frauen aus dem Irak (55 %) und Afghanistan (44 %) gaben dies vermehrt an, wohingegen für Frauen aus dem Iran die Angst um das eigene Leben (59 %), die Erfahrung geschlechtsspezifischer Gewalt (21 %) und die Verfolgung aufgrund der Religion (18 %) eine entscheidende Rolle gespielt hatte. Von allen Teilnehmerinnen berichteten 45 % von regelmäßigen Albträumen und ein Viertel davon, bereits einmal Gewalt erfahren zu haben. 7 % berichteten, schon mindestens einmal sexuell belästigt worden zu sein. Die Dunkelziffer ist hierbei jedoch höher einzuschätzen, denn wie eine vom BMFSFJ aufgegebene repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland aus dem Jahre 2004 bereits zeigte, lag die Prävalenz von Gewalterfahrung unter geflüchteten Frauen mit 52–79 % um ein Vielfaches höher als unter den deutschen Frauen (Müller & Schröttle, 2004).

In unserer Studie zeigte sich, dass vermehrt Frauen, die aus Afghanistan und dem Iran flüchteten, Gewalt oder/und sexuelle Belästigung erfahren hatten. Auch Frauen aus Albanien berichteten vermehrt über Albträume und Gewalterfahrungen, jedoch nicht von sexuellen Übergriffen.

Die 75 Frauen, die angaben, Gewalt erfahren zu haben, erfuhren diese überwiegend durch den Partner/Ehemann. Weitere 17 % der Frauen wollten zu dem Verursacher oder der Verursacherin keine weiteren Angaben machen. Bei den Frauen, die sexuelle Belästigung angaben, geschah dies in 41 % der Fälle durch Unbekannte. Auch bei dieser Frage machten 18 % keine Angabe darüber, von wem sie sexuell belästigt wurden. Da Gewalterfahrung nur ein Nebenaspekt in der von uns initiierten Befragung darstellte, verweisen wir an dieser Stelle auf die Studie „Study on female refugees“, welche sich eingehend mit dem Thema beschäftigt hat: https://female-refugee-study.charite.de/index.php?id=30230121

Obwohl es sich bei der Ermittlung von Trauma-Erfahrungen nur um einen Teilaspekt unserer Studie handelte, lassen sich v. a. in Zusammenschau mit der aktuellen Literatur klinische Handlungsempfehlungen ableiten: Im klinischen Gespräch mit geflüchteten Frauen gilt es, an die hohe Prävalenz von Trauma-Erfahrungen und deren Dunkelziffer mitsamt ihrer Auswirkung auf das somatische Empfinden zu denken. Eine Studie in Erstaufnahmelagern in Leipzig hat gezeigt, dass das Erleben traumatischer Ereignisse signifikant mit der subjektiven Einschätzung der mentalen Gesundheit zusammenhängt (Nesterko et al., 2020). Traumatische Erlebnisse führen nicht nur vermehrt zu Depressionen und Posttraumatischer Belastungsstörung, sie bewirken zudem eine Verstärkung des Schmerzempfindens und beeinflussen die Einordnung der eigenen Erkrankung (Egle et al., 2016). Dies und die Erwähnung traumatischer Erfahrungen, vor allem von Frauen, die aus Afghanistan und dem Iran geflüchtet sind, sollte bei der persönlichen Gesprächsführung und der Erhebung individueller Risikofaktoren mitbeachtet werden.

Schwangerschaft und Geburt

Unsere Studie ist die erste, die über den aktuellen Status der reproduktiven Gesundheit von weiblichen Geflüchteten informiert und einen ersten Überblick über Schwangerschaften, Familienplanung und Verhütungspräferenzen gibt. So waren 24 Frauen zum Zeitpunkt der Umfrage laut eigenen Angaben schwanger. Die durchschnittliche Geburtenrate unter allen Frauen betrug 2,5 mit einer Streuung von 0–10 Geburten pro Frau. Die Mehrheit der Geburten erfolgte auf natürlichem Wege (70 %) und fast ein Viertel mittels Kaiserschnitt (23 %). Bei den über 30-jährigen Frauen hatten zur Zeit der Umfrage 69,8 % bereits dreimal oder noch öfter entbunden, 8,8 % hatten bisher noch keine eigenen Kinder. Mindestens eine Fehlgeburt gehabt zu haben, wurde von 77 Frauen berichtet. Von mindestens einem Schwangerschaftsabbruch berichteten 24 Frauen (1–3 Abbrüche pro Frau). Keine der Frauen wünschte sich einen Schwangerschaftsabbruch zum Zeitpunkt der Befragung.

Ermittlung des Bedarfs an Familienplanung

Der United Nations Population Fund beschreibt Familienplanung als „Informationen, Mittel und Methoden, die es dem Einzelnen ermöglichen, zu entscheiden, ob und wann er Kinder bekommt“ (U. N. Popul. Fund., 2019). Der Zugang zu einer sicheren, freiwilligen Familienplanung stellt ein Menschenrecht dar. Er ist von zentraler Bedeutung für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle der Frau sowie ein Schlüsselfaktor bei der Bekämpfung von Armut (Bollini et al., 2009). Ein niederschwelliger Zugang zu Verhütungsmitteln verhindert ungewollte Schwangerschaften, verringert die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche und senkt die Häufigkeit von Tod und Behinderung im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt (Erenel et al., 2017). Wir haben in unserer Befragung die WHO-Definition für den Familienplanungsbedarf angewandt: Sexuell aktive, fruchtbare Frauen, die nicht den Wunsch haben, in nächster Zeit schwanger zu werden. Danach hatten in unserer Studie keinen Bedarf an Familienplanung alle Frauen, die entweder zur Zeit der Befragung gerade schwanger waren (24) oder einen Schwangerschaftswunsch hatten (53), außerdem menopausale Frauen (23) und nicht sexuell aktive Frauen (12).

Von den verbleibenden 195 Frauen, die ein ermitteltes Interesse an einer Verhütung hatten, machten 12 keine weiteren Angaben zu ihrer Verhütungsmethode und wurden daher nicht weiter analysiert. Von den übrigen 183 Frauen gaben 97 (53 %) an, irgendeine Form der Verhütung zu nutzen. Der ungedeckte Bedarf an Familienplanung ermittelt sich aus dem prozentualen Anteil der Frauen, die trotz eines Interesses an Empfängnisverhütung nicht verhüten. In unserer Population betrug dieser mit 86 Frauen 47 %. Diese Frauen waren mit einem medianen Alter von 36 Jahren signifikant älter als Frauen, die Verhütungsmittel verwendeten (32 Jahre). Frauen, die verhüteten, lebten zudem signifikant länger in Deutschland als Frauen mit einem Familienplanungsbedarf. Des Weiteren verhüteten Frauen, die sich selbst als sexuell aufgeklärt betrachteten, signifikant häufiger als Frauen, die diese Selbsteinschätzung nicht hatten.

Wahl des Verhütungsmittels

Die am häufigsten verwendeten Verhütungsmethoden waren der Coitus Interruptus (34 %) und die Spirale (30 %). Zu den seltener verwendeten Mitteln und Methoden gehören das Kondom (12 %), die Antibabypille (9 %), die Kalendermethode (8 %) und die Sterilisation (4 %). Insgesamt verwendeten 55 % der Frauen moderne Methoden wie die Antibabypille, das Kondom und die Spirale, während 42 % der Frauen auf traditionelle Methoden wie den Coitus Interruptus oder die Kalendermethode zurückgriffen. Die Mehrheit der Frauen, die diese traditionellen Methoden benutzten, kam aus Albanien, Iran und Irak. Es konnten keine signifikanten Korrelationen ermittelt werden, die einen Zusammenhang der Wahl des Verhütungsmittels mit der Herkunft, dem Alter, dem Aufenthalt in Deutschland und der sexuellen Aufklärung oder einer festen Beziehung zeigten.

Schwangerschaftsabbrüche

In unserer Stichprobe gaben 7,8 % der Frauen an, einen oder mehrere Abbrüche vorgenommen zu haben, um eine ungewollte Schwangerschaft zu beenden. Dies ist vergleichbar mit der Abbruchrate in Deutschland (8,2 %) (Helfferich et al., 2016). Es ist bekannt, dass ungewollte Schwangerschaften mit einer Reihe von physischen und psychischen Risiken für Mutter und Kind verbunden sind und den Zugang zu Integrationsprogrammen erschweren (Shah et al., 2011). Dies unterstreicht, dass alle Frauen, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Erziehung und ihrem sozialen Status, Zugang zu Familienplanungsdiensten, einschließlich des Zugangs zu sicheren Möglichkeiten des Schwangerschaftsabbruchs, benötigen, um Selbstbestimmung, erfolgreiche Integration und Gerechtigkeit zu gewährleisten (Clarke & Mühlrad, 2018).

Zusammenfassung des Familienplanungsbedarfs

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die meisten Flüchtlingsfrauen, die an der Studie teilnahmen, jung, sexuell aktiv und ohne aktuellen Kinderwunsch waren. Allerdings zeigte sich eine große Diskrepanz in der Nutzung von als sicher eingestuften Verhütungsmitteln. So verhütete nur etwa die Hälfte der von uns befragten Frauen. Die dabei am häufigsten genutzte Methode stellte der Coitus Interruptus (34 %) dar, welcher nach dem Pearl Index als sehr unsichere Methode zu werten ist (Pearl-Index von 4–18) (Santow, 1993). Der Bedarf an Familienplanung in dieser Gruppe ist dementsprechend als hoch (47 %) einzustufen. Eine Zugangslücke ist offensichtlich. Wenn sich Flüchtlingsfrauen für eine wirksame Verhütungsmethode entschieden, bevorzugten sie die Spirale (30 %). Dies steht im Gegensatz zu den in Deutschland geborenen Frauen, die sich am häufigsten für die Antibabypille und Kondome als bevorzugte Verhütungsmethode entscheiden (BZgA, 2018). Ähnlich wie bei deutschen Frauen war auch bei den Befragten die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie eine Form der Empfängnisverhütung verwendeten, wenn sie entweder in einer festen Beziehung lebten oder sich selbst als sexuell aufgeklärt betrachteten (Helfferich et al., 2016). Interessanterweise korrelierte die Entscheidung zwischen modernen und traditionellen Formen der Empfängnisverhütung weder mit der Beziehung noch mit der sexuellen Aufgeklärtheit. Dies deutet auf eine Wissenslücke in Bezug auf die Wirksamkeit der verschiedenen Verhütungsmethoden hin und sollte mittels Aufklärungsprogrammen und im ärztlichen Kontakt adressiert werden. Dieser Rückschluss deckt sich mit den Erkenntnissen aus einer schwedischen Studie über Health Literacy und weist auf den hohen Bedarf an vermehrter zielgruppengerechter Gesundheitsbildung hin (Wångdahl et al., 2014).

Einzelne Informationen über den Gebrauch von Verhütungsmitteln, die für Flüchtlinge in Deutschland relevant sein könnten, sind in einer Studie der Weltbank zu finden (World Bank, o. J.). Diese stellt den Gebrauch von Kontrazeptiva bei Frauen ohne Flüchtlingsstatus in den Ländern dar, aus denen große Teile der Flüchtlinge in Deutschland stammen. Die Weltbankstudie unterstützt unsere Ergebnisse einer offensichtlichen Zugangslücke, da der ungedeckte Bedarf an Familienplanung von Flüchtlingen in Berlin im Vergleich zu den diesbezüglichen Daten aus ihren Herkunftsländern höher ist (Afghanistan: 41 % in Deutschland vs. 25 % im Heimatland; Iran: 40 % vs. 5,7 %; Irak 42 % vs. 8 %; Syrien: 49 % vs. 16,4 %; Albanien: 12,9 % vs. 50 %) (World Bank, o. J.).

Der Zugang zu Verhütungsmitteln ist in Deutschland nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) geregelt. Laut diesem haben Flüchtlinge in Deutschland das Recht, jede Form der modernen Verhütung kostenlos in Anspruch zu nehmen (vgl. § 6 Absatz 1 AsylbLG). Die Kostenübernahme für Verhütungsmittel ist jedoch länderspezifisch und zeitaufwendig und muss von Fachleuten des Gesundheitswesens organisiert werden (pro familia Bundesverband, 2015). In Berlin können Flüchtlingsfrauen in den Zentren für sexuelle Gesundheit und Familienplanung ebenfalls kostenlos Verhütungsmittel erhalten, wobei nicht zwischen den einzelnen Verhütungsmethoden unterschieden wird. Trotz dieses Angebots in Berlin scheinen diese Dienste unsere Befragten nicht zu erreichen. Wir vermuten, dass dies auf einen Mangel an Informations- und Aufklärungsangeboten in den Flüchtlingsunterkünften und Arztpraxen zurückzuführen ist. Diese Vermutung basiert auf Studien, die gezeigt haben, dass die Qualität der Informationsübermittlung eine wichtige Determinante für die Nutzung klinischer Verhütungsmethoden ist (Bempong et al., 2019).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aufgrund der geringen Nutzungsrate von Verhütungsmitteln und des hohen Anteils traditioneller Methoden mit einem höheren Pearl-Index ein Anstieg ungeplanter Schwangerschaften zu erwarten ist, wenn keine weiteren gesundheitspolitischen Maßnahmen ergriffen werden. Die Zahl der aktuellen Schwangerschaften bei unseren Befragten ähnelt den Zahlen einer Studie, die zwischen 2014 und 2015 in Flüchtlingslagern im Libanon und Irak durchgeführt wurde (8 % der Flüchtlinge in Deutschland vs. 7,5 % im Libanon und Irak). Es muss alarmieren, dass in derselben Studie im Libanon festgestellt wurde, dass 57 % der Schwangerschaften ungeplant waren (Balinska et al., 2019). Wie bereits ausführlich dargelegt, ist die geplante Elternschaft ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Integration und Emanzipation insbesondere weiblicher Flüchtlinge in ihre Aufnahmeländer (U. N. Popul. Fund, 2019). Dafür bedarf es eines systematischen Familienplanungsprogramms, aufbauend auf dem barrierefreien Zugang zu Informationen und Aufklärung für geflüchtete Frauen in Deutschland.

Für die Klinik ist die Erkenntnis bedeutend, dass bereits bei der Aufklärung mehr Zeit investiert werden muss. Es gilt, mögliche Barrieren abzubauen, beispielsweise durch den sofortigen Einsatz gleichgeschlechtlicher Sprachmittlerinnen und die direkte Kommunikation von Frau zu Frau (Wångdahl et al., 2014). Hierdurch kann, wie in diesem Bericht beschrieben, ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden, indem auch kulturell schwierige Themen von beiden Seiten angesprochen und behandelt werden können.

Fazit

Geflüchteten Frauen gilt es, im Hinblick auf ihre frauengesundheitliche Versorgung im klinischen, aber auch im innersystemischen Kontakt, mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Kultursensible Aufklärungsprogramme zur Familienplanung sind entscheidende Faktoren in der erfolgreichen Integration dieser Frauen und stellen ein Grundrecht dar, da erst so gesetzlich zugeschriebene Präventions- und Beratungsangebote angenommen werden können. 

 

Literatur:

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Autorin:
Dr. med. Nadja Kutschke ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Allgemeinmedizin der Charité und ist dort für die Themenschwerpunkte Internationale, Globale und Planetare Gesundheit zuständig. Ihre Doktorarbeit hat sie 2022 zur medizinischen Versorgung von geflüchteten Frauen in Berlin erfolgreich beendet.

Kontakt:
nadja.kutschke(at)charite.de


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